Die Moskau-Connection by Reinhard Bingener

Die Moskau-Connection by Reinhard Bingener

Autor:Reinhard Bingener [Bingener, Reinhard]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Politik
ISBN: 9783406799426
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2023-03-16T00:00:00+00:00


Party mit Platzeck

Russlands Diplomaten und Geheimdienstler verstehen es meist gut, die Gunst ihres Gegenübers zu gewinnen sowie sich dessen Eitelkeit und den Wunsch nach Selbstbestätigung zunutze zu machen. Sie setzen zahlreiche Instrumente ein, um Entscheidungsträger und Informanten aus Politik und Wirtschaft westlicher Staaten für sich zu gewinnen, ein Netz von Unterstützern aufzubauen. Oft werden Wissenschaftler oder Referenten aus einem Ministerium von als Diplomaten getarnten Geheimdienstlern über längere Zeit angeworben, heißt es seit Jahren aus deutschen Sicherheitskreisen. Bei Politikern geht man anders vor. Sie werden offiziell kontaktiert und eingeladen. Und wer kann schon etwas sagen gegen einen Austausch bei Kamingesprächen, eine wohlverdiente Auszeichnung, ein Treffen kommender Führungspersönlichkeiten oder eine Party in der Russischen Botschaft?

In Deutschland ist für dieses Kontaktnetz der Sozialdemokrat Matthias Platzeck über viele Jahre ein wichtiger Mann. Seine große Nähe zu Russland rührt aus seiner Kindheit. Die russischen Soldaten in seiner Heimatstadt Potsdam mochte er gern, dort waren 30.000 Sowjetrekruten stationiert. Er sei «unter Russen aufgewachsen», erzählt Platzeck – die Soldaten habe er teilweise ins Herz geschlossen, eine solche kindliche Prägung vergesse man nicht. Gern schwärmt Platzeck von seiner Liebe zur russischen Literatur und Musik, seinem Lieblingsfilm «Roter Holunder» oder seiner tollen Russischlehrerin. Als Ministerpräsident von Brandenburg berichtet er begeistert von seinen Wirtschaftsreisen nach Moskau. Platzeck ist 2005 bis 2006 für kurze Zeit SPD-Bundesvorsitzender und damit nach Gerhard Schröder der zweite Mann an der Spitze der Partei, der eine sehr enge Beziehung zu Russland pflegt und zugleich eine unkritische Sicht auf Putins Regime besitzt. Elf Jahre lang, von 2002 bis 2013, regiert er als Ministerpräsident in Potsdam, die Landes-SPD führt Platzeck 13 Jahre. Die Brandenburger SPD ist neben der niedersächsischen Sozialdemokratie also der zweite Landesverband, der stets nah am Kreml-Kurs segelt. Das bleibt auch so unter Platzecks Nachfolger als Ministerpräsident, dem Sozialdemokraten Dietmar Woidke. 2009 bekommt der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier von seinem Freund Platzeck einen Brandenburger Wahlkreis beschert, in dem er sich um ein Direktmandat für den Bundestag bewirbt.

Nach seinem Rücktritt als Ministerpräsident aus gesundheitlichen Gründen kümmert sich Platzeck vor allem weiter um sein Leib- und Magenthema Russland. So wird er 2014 Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums. Der Verein soll das Miteinander der russischen und deutschen Gesellschaft fördern. Platzeck bringt das Forum allerdings auf einen Kurs, der vor allem auf die Kontakte zu den offiziellen Vertretern Russlands setzt.

Noch stärker ist das im Petersburger Dialog der Fall, zu dessen Vorstand Platzeck gehört. Auch diese Institution, im Jahr 2000 von Putin und Schröder ins Leben gerufen und zunächst an die Regierungskonsultationen beider Länder angedockt, soll angeblich dem Dialog der Zivilgesellschaften dienen. Die Gründerin des Deutsch-Russischen Forums, Alexandra Gräfin Lambsdorff, geht davon aus, dass Putin mit dem Petersburger Dialog eine direkte Konkurrenz schaffen wollte, um dem Deutsch-Russischen Forum das Wasser abzugraben. Denn ursprünglich fanden in dem Forum sehr offene Diskussionen unter Teilnahme vieler russischer Intellektueller statt, die Putin durchaus kritisch sahen. Auf die Pluralität der Vertreter beider Nationen hatte damals ausschließlich die deutsche Seite geachtet. Schröder sei, zusammen mit seiner Ehefrau Doris Schröder-Köpf, «leider nur zu bereit» gewesen, Putins Ansinnen zu folgen, schreibt die Gründerin des Deutsch-Russischen Forums.



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